English Translation
Ausgewählt Passagen
DR. MED. WERNER SCHÖBERLEIN
Bedeutung und Häufigkeit von Phimose und Smegma
Münchener Medizinische Wochenschrift 7. pages 373-377 (1966)
Zusammenfassung: Bei 3000 jungen Männern, meist im
Alter zwischen 18 und 22 Jahren, wurde bei der ärztlichen Untersuchung
das Verhältnis Präputium zu Glans geprüft und die
Häufigkeit des vorhandenen Smegmas registriert. Bei 8,5% war
kein Präputium vorhanden, bei ca. der Hälfte davon ohne
daß eine Operation vorausgegangen war. Bei 8,8% wurde eine
Phimose festgestellt. Smegma wurde bei 19.2%, bei 1/3 davon "sehr
-viel", gefunden. Bei einem Vergleich der Schulbildung und der Berufsgruppen
dieser jungen Männer ergab sich kein Unterschied in der Häufigkeit
der Unsauberkeit. Eine Hypospadie fand sich in 0,37%.
"Die Krebsverhütung ist heute noch ein Problem, wird aber morgen
ein Hauptanliegen der Krebsbekämpfung sein" (K. H. Baüer, 1). Trotz aller Fortschritte der Diagnostik und Therapie nimmt der
Krebs ständig im prozentualen Anteil der Todesfälle zu, von
13,5% (1935) auf 20,04"/o (1961) (1). Ein Teil der Krebsprophylaxe
besteht in der Erkennung und Auschaltung karzinogener Stoffe. Über
den krebsfördernden Einfluß der Tabakteerderivate beim Bronchialkarzinom
bestehen keine Zweifel mehr (1, 39). Genauso unbestritten, aber weniger
bekannt, ist die karzinogene Wirkung des Smegmas (1, 3, 15,
19, 23, 24, 29, 33, 39).
Das Peniskarzinom wird in Europa und Nord-amerika in 1-3%
aller männlichen Krebsfälle beobachtet (1, 4, 6, 17, 19,
21).
In der UdSSR wurden in den letzten Jahren 0,5 bis 1% der männlichen
Karzinomfälle als Peniskrebs registriert (33). In Nord-Vietnam
sind 15,6%, in Indien bis zu 25,6% in China 15,8 - 18,3% und in Siam
22,0 bis 33,0% der männlichen Krebsfälle Peniskarzinome
(1, 23, 33).
Thierch (1865) beschrieb den kontinuierlichen Reiz einer
Phimose als Ursache für das Peniskarzinom und Czerny (1899) stellte fest, daß "eine Circumcision gegen das Peniskarzinom
immunisiere" und forderte eine "excessive Reinlichkeit und Entfernung
des Präputialsekretes" (7, 37). Später wurde von vielen
Autoren bestätigt, daß das Peniskarzinom praktisch nur
bei Phimosen vorkommt (1, 6, 11, 17, 18, 20, 23, 31, 32, 38).
Als weiterer Beweis des ursächlichen Zusammenhanges zwischen
Präputium, Smegma und Peniskarzinom gilt die Feststellung, daß
es bei beschnittenen Juden kein Peniskarzinom gibt (1, 4, 21,
31). Die immer wieder aufgegriffene Entgegnung, es handle sich um eine
Rassenimmunität der Juden (18), konnte durch Untersuchungen in
verschiedenen Ländern und bei anderen Völkern widerlegt werden.
In Indien wurden unter 2260 Krebskranken bei den unbeschnittenen Hindus
in 25,6%, bei den beschnittenen Moslems dagegen in nur 2,9% der Fälle
Peniskarzinome gefunden (25). Marchionini bestätigt diese
Relation für die mohammedanische Bevölkerung der Türkei
(23). Für Kasachstan wird 1964 beschrieben, daß von 87 Peniskarzinomen
nur 4 (4,6%) bei den im Alter von 4 - 6 Jahren beschnittenen Moslems
gefunden wurden, deren Anteil der Bevölkerung aber 36% ausmacht.
Diese Differenz kann nur durch die Zirkumzision erklärt werden.
Je später diese aber durchgeführt wird, um so geringer ist
der Schutz gegen das Auftreten eines Karzinoms am Penis. Der Krebs
hat auch hier eine charakteristische Latenzzeit (1, 33). Das Peniskarzinom,
dessen Durchschnittsalter 54,5 Jahre beträgt, findet sich zu 41%
an der Glans, zu 32% an der Innenseite des Präputiums und zu 25%
am Sulcus coronarius der Glans (collum glandis: intern. Nomenklatur,
Paris, 1963) (21).
Diese Tattsachen finden ihre Erklärung durch ein krebsförderndes
Agens innerhalb des Präputialraumes: das Smegma, das aus
fettig degenerierten, abgestorbenen und abgeschilferten Epithelzellen
besteht und nicht von irgendwelchen Drüsen abgesondert wird. Stieve konnte weder auf der Oberfläche der Glans noch am inneren Vorhautblatt
Drüsen finden. Talgdrüsen gibt es dort nicht (35). Die Smegmaproduktion
wird bereits beim Neugeborenen gefunden und erreicht ihren Höhepunkt
im jugendlichen Alter (33).
Die embryonale Entwicklung des Präputiums beginnt in
der 8. Woche mit einer Einsenkung des Epithels in das Bindegewebe an
der Basis der Glans. Dadurch bildet sich eine Falte, die als Präputialfalte
bis zum 5. Monat über die Glans hinauswächst. Beim Wachstum
dieser Falte bleibt das spätere Epithel der Glans und des inneren
Vorhautblattes zusammen in einer gemeinsamen Schicht, der Glandarlamelle.
Gegen Ende des fetalen Lebens beginnen zentrale Zellen dieser Lamelle
zu zerfallen. Es entstehen Hohlräume, die sich vereinigen, und
dadurch einen gemeinsamen Raum bilden, den Präputialraum (9, 10).
Dieser Vorgang ist bei der Geburt nur selten abgeschlossen und es ist
unzutreffend, in diesem Stadium von Verklebungen oder Adhäsionen
zu sprechen. Für diesen Zustand wird vor allem von den Pädiatern
der Begriff "physiologische Phimose' - von Winiwater vor 70
Jahren geprägt - benutzt (13, 28). Dieser Ausdruck ist wegen der
Gefahr der Bagatellisierung und zu späten Erkennung einer Phimose
nicht ganz ungefährlich und sollte vermieden werden. Es handelt
sich dabei um eine noch unvollständige Trennung von Präputium
und Glans, die ohne aktive Hilfe bis zum 6. Monat in 20%, bis zum 12.
Monat in 50%, bis zum 2. Jahr in 80% und bis Ende des 3. Lebensjahres
in 90% spontan erfolgt (10). Eine Phimose, die marginale bindegewebige
Verengung der Vorhautöffnung, sollte schon früher erkannt
und so früh wie möglich operiert werden.
Die karzinogene Wirkung des Smegmas konnte bisher mehrfach
in Tierversuchen nachgewiesen werden (5, 27).
Operativ geschaffene Phimosen erhöhten die Häufigkeit
experimentell erzeugter Peniskarzinome beim, Kaninchen (33). Interessant
sind die Beobachtungen bei Pferden, bei denen auf Grund einer besonders
faltenreichen Vorhaut Smegma in großen Mengen gefunden wird
und das Peniskarzinom mit 23% aller Krebserkrankungen dieser Tierart
besonders häufig auftritt. Wallache, bei denen durch fehlende
Erektion das Smegma nicht entleert wird, erkranken zehnmal häufiger
an einem Peniskarzinom als Hengste (15).
Für das Kollum- und Portiokarzinom der Frau wird neben
anderen Faktoren auch die krebsfördernde Eigenschaft des Smegmas
verantwortlich gemacht (1, 3, 11, 21, 39). Jüdinnen erkranken
wesentlich seltener an einem Kollumkarzinom als nichtjüdische
Frauen; das Verhältnis Korpus- zu Kollumkarzinom ist bei Jüdinnen
6:1, bei Nichtjüdinnen 1:8. Diese Relation wurde auch in all den
Ländern nachgewiesen, wo ein Teil der männlichen Bevölkerung
beschnitten ist (1).
"Die Smegmatheorie ist bei Männern aus der Genese des Peniskarzinoms
nicht wegdenkbar, bei Frauen ist sie eine wichtige Tatsache" (K.
H. Bauer [1]).
Zur Verhütung dieser als so gefährlich erkannten
Wirkung des Smegmas werden seit ca. 15 Jahren in den USA 80-90% aller
männlichen Neugeborenen gleich nach der Geburt beschnitten.
Neben der Episiotomie, die ebenfalls als Präventivmaßnahme
durchgeführt wird, ist die Zirkumzision die häufigste Operation
der amerikanischen Geburtshelfer (2l, 26). Sie wird meist mit der
"Gomco-Klemme", die sich auch in Deutschland bewährt hat, als
gefahrloser und einfacher Eingriff durchgeführt (14, 21). Die
amerikanischen Versicherungen honorieren nach einer persönlichen
Mitteilung von Wynder (1965) diese Präventivmaßnahmen
gesondert. Die allgemeine Einführung in Deutschland würde
u. a. auch an dieser Frage scheitern, da ja für andere seit
langem von der Ärzteschaft geforderte prophylaktische Maßnahmen,
wie z. B. die allgemeine Tetanusimpfung, bisher die Krankenkassen
nicht aufkommen.
In England wurden bei Knaben bis zu 4 Jahren 24%, bei Cambridge-Studenten
zur gleichen Zeit bereits 84% ohne Präputium gefunden. Ärzte
und Hebammen empfehlen dort die Zirkumzision. Viele Engländer
kennen aus ihrer Kolonialzeit in Indien die dort besonders eindrucksvollen
Vorteile der Beschneidung (16). In Deutschland wurden 1959 die ersten
Erfahrungen mit einer routinemäßigen Zirkumzision veröffentlicht
(14). 80% der vorher befragten Eltern entschlossen sich, diesen Eingriff
zu genehmigen, ohne vorher etwas über den Wert und die Bedeutung
dieser Operation gewußt zu haben. Eine derartige Aufgeschlossenheit
war unerwartet. Der kleine Eingriff mit der Gomco-Klernine ergab keinerlei
Komplikationen.
In Deutschland wird eine Stellungnahme der Ärzteschaft
zur Frage der allgemeinen Ablatio praeputii beim Neugeborenen seit
längerer Zeit gefordert (16, 23, 30). Als Hauptargument gegen
eine generelle Zirkumzision wird immer wieder angeführt, daß
mit einer regelmäßigen Reinigung, mit Wasser und Seife,
dieses Problem auch zu lösen sei (1, 7, 23, 33).
Eigene Untersuchungen
Um bezüglich dieser Behauptung eine objektive Beurteilung zu
ermöglichen, wurde bei einer eingehenden ärztlichen Untersuchung
von 3000 jungen Männern in jedem Fall auch der Penis, das Präputium,
die Glans, der Sulcus coronarius und die Retrahierbarkeit der Vorhaut
geprüft. Es wurde registriert, ob "Smegma" oder sogar "Viel
Smegma" vorhanden war. Die Untersuchungen wurden, von Dr. E.
Mößmer, Facharzt für Urologie in München,
dem ich an dieser Stelle für seine Hilfe danke, und mir je zur
Hälfte durchgeführt, um die Objektivität zu erhöhen.
Es waren junge Männer aus dem süddeutschen Raum. 2527 (84,2%)
standen im Alter von 18-22 Jahren; eine genaue Aufgliederung der
Altersverteilung zeigt Tab. 1.
Tabelle 1
Altersverteilung
Alter |
17
|
18
|
19
|
20
|
21
|
22
|
23
|
24
|
25-28
|
29-33
|
34-38
|
|
Zahl |
183
|
511
|
959
|
647
|
272
|
138
|
103
|
63
|
90
|
27
|
7
|
3000 |
% |
6,1
|
17,0
|
32
|
21,6
|
9,1
|
4,6
|
3,4
|
2,1
|
3,0
|
0,9
|
0,2
|
100 |
|
(Alter 18-22 = 2527 = 84,2%)
|
|
Für das Verhältnis Präputium zu Glans wird in anatomischen
Lehrbüchern als Normalzustand beschrieben, daß bei nicht
erigiertem Penis das Präputium die Glans nur teilweise bedeckt
(2). Folgende 5 verschiedenen Formen dieser Relation Präputium
: Glans wurden von uns festgelegt:
A) Glans und Sulcus coronarius freiliegend; Präputium fehlt
oder atrophisch.
B) Glans teilweise von Präputium bedeckt.
C) Glans vollkommen von Präputium bedeckt. Präputium zum
Teil schlauch- oder rüsselförmig verlängert. Sulcus
coronarius kann durch Retraktion völlig freigelegt werden.
D) Glans von Präputium vollkommen bedeckt.Öffnung der Vorhaut
fibrös verhärtet, unelastisch; kann nur auf wenige mm Durchmesser
beim Retrahieren erweitert werden. Orificium urethrae und kleine vordere
Teile der Glans können eingesehen werden. Freilegung des Sulcus
coronarius nicht möglich. Phimose.
E) Glans von Präputium vollkommen bedeckt. Rand der Vorhautöffnung
völlig starr, rigide. Keine Retraktion möglich. Glans und
Orificium urethrae können nicht eingesehen werden. Phimose (starr).
Ergebnisse
In Tab. 2 sind die Ergebnisse zusammengestellt:
Tabelle 2
Verhältnis Präputium zu Glans und Häufigkeit des
Smegma.
|
Zahl |
% |
Smegma
(sehr viel) |
% |
|
A = Glans und Sulkus frei |
256 |
8,5 |
|
|
|
B = Glans teilweise frei |
1258 |
41,9 |
149
(49) |
11,8 |
|
C = Glans von Präputium bedeckt, Sulkus freizulegen |
1223 |
40,8 |
297
(93) |
24,3 |
Smegma in BCD=19,2% |
D = Glans von Präputium bedeckt, Sulkus nicht
freizulegen (Phimose) |
181 |
6,0 |
64
(32) |
35,3 |
|
E Phimose, starr |
82 |
2,8 |
- |
- |
|
|
3000 |
100,0 |
510
(174) |
17,0 |
|
Ohne Präputium (= Gruppe A) fanden wir 256 (8,5%) der Untersuchten.
Bei ca. 1/4 dieser Gruppe wurden Angaben oder Narben einer erfolgten
Zirkumzision festgestellt; bei einem Teil waren Angaben und Befund
in dieser Hinsicht fraglich.,Bei ca. der Hälfte der jungen Männer
ohne Präputium wurde die Frage nach einem Eingriff verneint, und
auch objektiv konnte kein Anhalt dafür gefunden werden. Bei einem
großen Teil erhielt ich außerdem von der Mutter die Bestätigung,
daß bei dem Sohn keine Operation vorgenommen worden war. Es besteht
kein Zweifel, daß das Fehlen oder die Atrophie der Vorhaut bei
ca. 4% der jungen Männer spontan vorkommt.
Mit "B" bezeichneten wir 1258 (41,9%) der Untersuchten und stellten
bei 149 (11,8%) Smegma fest; bei ca. 1/3 mit dem Vermerk "sehr viel".
Als "C" wurden 1223 (40,8%) der 3000 Untersuchten registriert.
Dabei wurde bei 297 (24,3%) Smegma und ebenfalls bei 1/2 davon "sehr
viel" notiert. In dieser Gruppe fanden sich teilweise die langen,
rüsselförmigen Präputien, die auch als "Pseudophimosen"
bezeichnet werden (19). Wenn die Öffnung elastisch und die Vorhaut
retrahierbar ist, bedeutet die lange Vorhaut funktionell und für
die Möglichkeit der Reinigung kein wesentliches Hindernis. Nach
dem histologischen Aufbau des Präputiums ist zu erwarten, daß
sich bei vielen dieser mit "C" bezeichneten Fälle im Laufe des
Lebens die Relation Glans : Präputium noch ändert und die
Form "B" erreicht. Beide Gruppen gehören daher, vor allem durch
die Reinigungsmöglichkeit, zusammen. Es ist auffallend, daß
die Smegmahäufigkeit mit der Länge des Präputiums
zunimmt (35).
Die Form "D", die Phimose mit unelastischer, fibrös verhärtetet
Präputialöffnung, die nur mühsam und unter Impression
kleine vordere Teile der Glans zeigt, stellten wir bei 181 (6,0%) der
jungen Männern fest; bei 64 (35,3%) mit Smegma, bei der Hälfte
mit dem Vermerk "sehr viel". Das Smegma kann hier nur teilweise entfernt
werden; es ist sicher vorhanden, aber nicht immer sichtbar.
Den Zustand "E" die Phimose mit starrer, rigider Präputialöffnung,
ohne Erweiterungsmöglichkeit und ohne daß Glans oder Orificium
urethrae betrachtet werden können, fanden wir bei 82 (2,8%).
Bei dieser Gruppe ist immer Smegma vorhanden, objektiv aber nicht
feststellbar. Deswegen haben wir diese Gruppe gegenüber "D"
gesondert registriert.
Die Phimosen (D + E) ergeben eine Gesamtzahl von 263 = 8,8%.
Sie sind pathologisch und sollten operativ beseitigt werden. Den meisten
Untersuchten war das Krankhafte dieses Zustandes unbekannt. Wir haben
allen die kleine Operation angeraten und fanden immer eine dankbare
Aufgeschlossenheit für diese Aufklärung. Auch Haller (12)
beschreibt, daß sich junge Männer zwischen 20 und 30 Jahren
häufig beschweren, die Operation sei in der Kindheit versäumt
worden.
Saitmacher (29) fand 1960 bei 229 Jugendlichen im Alter zwischen
15 und 17 Jahren bei 8,7%, eine Phimose. Gairdner (10) stellte bei
200 unbeschnittenen 5- bis 13jährigen Knaben bei 6% eine Phimose,
und bei 14% eine nur teilweise zurückziehbare Vorhaut fest.
Sonst werden in der Literatur wesentlich niedrigere Zahlen für
die Häufigkeit der Phimose angegeben; so nennt Keil (16)
nur l% und Köster (19) 0,5 bis I%, ohne eine Quelle für
diese Zahlen anzugeben.
Smegma fand sich bei unseren Untersuchungen in 19,2% der Gruppen
B, C und D. Saitmacher (29) beschreibt bei 33,2% seiner 229 Jugendlichen
eine Verschmutzung des Präputialsackes. Unsere jungen Männer
waren zu einer ärztlichen Untersuchung vorgeladen, so daß
sich ein Teil sicher vorher gesäubert hatte.
Wenn wir die Gruppe E, bei der eine Smegma-Produktion und -Ansammlung
sicher vorhanden ist, und diese Reinigung vor der Untersuchung berücksichtigen,
ist eine Häufigkeit von Smegma-Ansammlung bei 30-35% der jungen geschlechtsreifen Männer nicht zu hoch.
Eine Hypospadie stellten wir bei 11 der 3,000 Untersuchten
(,37%) fest. Die "Verklebungen" des Kleinkindesalters, besser unvollständige
Lösung der Vorhaut genannt, sahen wir in keinem Fall.
Es wird oft behauptet, daß die mangelnde Genitalhygiene,
überhaupt die Unsauberkeit, in den weniger bemittelten oder weniger
gebildeten Teilen der Bevölkerung vermehrt zu finden sei (19,
22). Aus diesem Grund wurden unsere 3000 jungen Männer nach ihrer
Schulbildung (Tab. 3) und nach den verschiedenen Berufsgruppen (Tab.
4) aufgeteilt.
Tabelle 3
Schulbildung |
Zahl |
% |
Smegma |
% |
Nur Volksschule |
1878 |
62,6 |
314 |
16,7 |
Mit mittlerer Reife |
534 |
17,8 |
94 |
17,6 |
Mit Abitur |
588 |
19,6 |
102 |
17,3 |
|
3000 |
100,0 |
510 |
17,0 |
Tabelle 4
Berufe |
Zahl |
% |
Smegma |
% |
1. Ungelernte Hilfsarbeiter |
169 |
5,6 |
27 |
16,0 |
2. Gelernte Arbeiter, Handwerker |
1316 |
43,9 |
225 |
17,1 |
3. Angestellte, Beamte, mittl. Reife ohne Beruf |
927 |
30,9 |
156 |
16,8 |
4. Abiturienten, Studenten |
588 |
19,6 |
102 |
17,3 |
|
3000 |
100,0 |
510 |
17,0 |
Beide Tabellen zeigen, daß weder nach der Schulbildung
noch nach den Berufsgruppen ein nennenswerter Unterschied in der Häufigkeit
der Unsauberkeit (Smegma) festzustellen war. Die Zusammensetzung
der von uns Untersuchten entspricht nicht ganz dem Bild der Gesamtbevölkerung.
Wir hatten weniger ungelernte Hilfsarbeiter, und der Prozentsatz der
Abiturienten (19,6%) ist fast das Dreifache des Anteils der Abiturienten
mit 7,2% der Wohnbevölkerung der Bundesrepublik von 1964 der gleichen
Altersgruppe.
153 (5%) der 3000 Männer waren verheiratet Unter ihnen
fand sich nur bei 8,5% Smegma. Es ist zweifelhaft, ob das nur mit größerer
Sauberkeit zu erklären ist; vielmehr scheinen die regelmäßigen
Kohabitationen zu einer relativen Reinigung zutragen.
Die Notwendigkeit der regelmäßigen Säuberung
des präputialraumes war den Betroffenen genau wie das Unphysiologische,
der Phimose bisher meist unbekannt. Bei der Belehrung zu dieser
Frage zeigten sich die jungen Männer immer interessiert und aufgeschlossen.
Die sexualhygienische Aufklärrung der männlichen Jugend,
besonders zu diesen Problemen, durch das Elternhaus, durch die Schule
und auch die Hausärzte ist nicht ausreichend. Das ist vor allem
wohl die Folge eines Tabus, einer Scheu und Zurückhaltung der
Umgebung, die Knaben auf Manipulationen an der Glans hinzuweisen und
dabei vielleicht eine vorzeitige Erregung der Sexualsphäre zu
erzeugen. Seit Jahrzehnten wird eine solche Aufklärung und Belehrung
der Jugendlichen immer wieder gefordert. Unsere Untersuchungen zeigen
dafür aber ein recht unbefriedigendes Bild.
Eine generelle Zirkumzision aller Neugeborenen, wie in den angelsächsischen
Ländern, bedeutet dagegen angesichts der erkannten Gefährlichkeit
des Smegmas eine endgültige und einfache Lösung (4, 6, 14,
21). Neben den schon geschilderten Vorteilen wie:
a) Prophylaxe des Peniskärzinoms,
b) wahrscheinliche Verminderung der Zervikal- karzinome, werden genannt:
c) weniger venerische Krankheiten (23),
d) Verbesserung der Sexualphysiologie und -psychologie u. a. durch
Verlängerung der Kohabitationsdauer (8, 16, 23),
e) angeblich geringere Häufigkeit der Prostatakarzinome (23),
f) Vermeidung von Balanitis und Balanoposthitis, z.B. bei Wassermangel,
bei Katastrophen, in den Tropen und im Krieg (21, 34).
Nachteile sind nicht bekannt. Der Eingriff ist beim Neugeborenen
nach modernen Methoden (Gomco-Klemme) ohne Gefahr und Risiko (14,
21, 29).
Ob und wann die schon mehrfach von namhaften Klinikern geforderte
Entscheidung der deutschen Ärzteschaft, eine allgemeine Zirkumzision
zu empfehlen, fallen wird, ist ungewiß (1, 14, 16, 19, 23, 29,
30). Ursache und Zweck dieser Arbeit war die seltene Möglichkeit,
eine so große Zahl junger Männer in geschlechtsreifem Alter
an dieser mit so vielen Vorurteilen behafteten Region systematisch
zu untersuchen und darüber zu berichten.
Abschließend soll nochmals, ohne den Wunsch nach genereller
Zirkumzision abzuschwächen, die eindringliche Forderung nach sexualhygienischer
Aufklärung durch die Eltern, Erzieher, Haus- und Kinderärzte,
Schul- und Betriebsärzte gestellt werden.
Schrifttum : 1. Bauer, K. H.: Das Krebsproblem,
S. 85, 514, 889-891 (1963). - 2. Benninghoff-Goerttler: Lehrb. d. Anatomie,
II, 295 (1962). - 3. Bickenbach, W.: Arztl. Fortb. 14 (1964) 129. -
4. Bleich, A. R.: J. med. Ass. 143 (1950) 1054-1057. - 5. Bratt-Thoma:
Cancer 9 (1956) 671. - 6. Colon, J. E.: J. Urol. (Baltimore) 67 (1952)
702-708. - 7. Czerny, v.: Bruns' Beitr. klin. Chir. 25 (1899) 243,
- 8. Doepfmer, R., Münch. med. Wschr. (1964) 24, 1106, - 9. Fischel,
A.: Lehrb. d. Entw. d. Menschen 656 (1929). - 10. Gairdner, D.: Brit.
med. J. 2 (1949) 1443. - 11. Geissendörfer, R.., Dtsch Z. f. Chir.
273 (1953) 566. - 12. Haller C.: Z. Urol. (1957) 385. - 13. Henke u.
Lubarsch: Handb. d. spez. Path. Anat. VI 3 (1931) 183. - 14. Hofmeister.
Geburtsh. u. Frauenheilk. 19 (1959) 20. - 15. Kast, A.: Geburtsh. u.
Frauenheilk. 19 (1959) 1080. - 16. Keil, E.: Hautarzt (1955) 497. -
17. Köhler, G.: Chirurg (1947) 213. - 18. Köhnlein, H. E.:
Chirurg 31, 7 (1960) 296. - 19. Koester, H.: Landarzt 40, 36 (1964)
l562 - 20. Küttner, H.: Bruns' Beitr. klin. Chir. 26 (1900). -
21. Lange, K.H.: Medizinische 22 (1957) 827. - 22. Lasthaus, M.: Bruns'
Beitr. klin. Chir. 183 (1951) 241. - 23. Marchionini, A., Hautarzt
(1953) 408 - 24. May, F.: Klin. d. Gegenw. I 514. - 25. Näth u.
Grewal: (1935) zit. n. Bauer, K H., siehe 1. - 26. Penning u. Lehmarin:
Münch. med. Wschr. (1964) 7, 320. - 27. Plaut, A., Kohn u. Speyer,
A. C.: Science 105 (1947) 391-392. - 28. Regenbrecht: Paed. Prax. (1963)
583 - 29. Saitmacher: Dtsch. Gesundh.-Wes. 15, 23 (1960) 1217. - 30.
Serfling: Z. Urol. (1961) 571. - 31. Schäffer, G.: Münch.
med. Wschr. (1953) 678. - 32. Shabad, A. L.: Z. Urol (1962) 742. -
33. Shabad, A. L.. Rev. Inst. nac. Cancer 15 (1964) 310-314. - 34.
Stewer, Th., Lancet 2 (1953) 449. - 35. Stieve, H.: Handb. d. Mikr.
Anat. Bd. 7, T. 2, S. 340-342 (1930). - 36. Stoll, P., Fortschr. Med.
10 (1965) 391. - 37. Thiersch: zit. n. Köhler Nr. 17. - 38. Ustimenko,
Z. Urol. (1962) 741. - 39. Wynder, E. L.: Mkurse ärztl. Fortbild'
14 (1964) 265 u. 15 (1965) 214.
Anschr. d. Verf.: Dr. med. W. Schöberlein,
8 München 27, Richard-Strauß-Str. 93.
DK 616.662 - 007.274/ - 008.8 : 616 - 006.6
English Translation
Ausgewählt Passagen |